Längere Zeit ohne Strom im Haus – diese Vorstellung ist unangenehm. Aber eignet sich eine PVA (mit Batteriespeicher) als Vorsorge? Bürgersolarberater Gero Scholz hat sich eingehend mit der Frage befasst und Antworten gefunden.

Wozu soll die Anlage eigentlich notstromfähig sein?

Dazu unterscheiden wir verschiedene Szenarien:

1) Angst vor dem Absturz des PC bei einem plötzlichen Stromausfall

a) Bei Laptops ist das kein Thema.
b) Bei wirklich kritischen PCs oder gar bei Servern sollte man eine spezielle USV installieren, die innerhalb weniger MiIlisekunden einspringt. Diese USV steht in der Nähe des PC und hat eine eigene kleine Batterie. Steht nach (z.B.) 10 Minuten immer noch kein Strom zur Verfügung, kann man den PC noch rechtzeitig herunterfahren. Handelt es sich um einen Server, kann die USV ihn automatisch herunterfahren.

FAZIT: Das Ganze ist kein Thema für die PV-Anlage.

2) Stromausfall im Bereich weniger Stunden

Wenn der Stromausfall bei (ununterbrochenem) Sonnenschein passiert, würde rechnerisch sogar eine PVA ohne Batterie helfen. Passiert der Ausfall etwa zwischen 11 Uhr vormittags und 2 Uhr nachts, könnte man hoffen, dass ein Batteriespeicher voll genug ist, um einige Stunden zu überbrücken.

ABER:

a) Eine netzgeführte PVA (also fast alle Anlagen!) stellt ohne Netzspannung ihre Erzeugung komplett ein. Man müsste schon eine Anlage beschaffen, die mit einem Stromausfall umgehen kann. Nun kann aber nicht jede PVA einfach mal so Strom in das Hausnetz schieben, wenn das Netz fehlt – sonst würde der Strom ins Netz abfließen. Man braucht auf alle Fälle noch einen Trennschalter, der idealerweise automatisch funktionieren sollte und bestimmten technischen Normen unterliegt.

b) Im Winter wird es schwierig. Wenn man eine Entladebegrenzung der Batterie dynamisch so regelt, dass sie im Winter nie voll entladen
wird, könnte es klappen, sofern man bei Stromausfall an die Software-Einstellungen herankommt, um sie zu ändern oder sofern das
alles automatisiert ist.

c) Im Sommer am frühen Morgen wird der Akku in der Regel nahezu leer sein, wenn er vernünftig dimensioniert ist. Der Strom sollte also besser nicht um 7 Uhr früh ausfallen

d) Als Notbehelf (ohne Trennschalter und echte Notstromfähigkeit) könnte eine einzelne (galvanisch vom Rest getrennte) Steckdose am Wechselrichter
dienen. Dann müsste man die Gerät dorthin tragen, die aktuell versorgt werden sollen. Machbar beim Handy, eher nicht bei Kühlschränken, nahezu unmöglich bei den Heizungspumpen. Für das Handy würde allerdings auch
eine Powerbank reichen.

e) E-Autos können oft 300 Watt über eine einzelne Steckdose im Wageninnenraum ausgeben. Das wäre ein ähnlicher Notbehelf. Allerdings zeigen Experimente, dass manche E-Autos in einem solchen Fall ihre interne Bord-Elektrik aktivieren, die  locker ca. 400 Watt Eigenbedarf hat. Da ist nicht gerade ideal. Autos der Zukunft (in Europa, woanders klappt das schon), können auch Energie aus ihrem Akku über das Ladekabel ins Haus rückspeisen. Aber eine solche Lösung muss mit den Energiemesseinrichtungen im Haus,mit den Notmechanismen der PVA und mit dem Trennschalter kommunizieren, 
denn wenn die PVA gerade keinen Strom erzeugt, muss ja dennoch das Netz getrennt werden.
f) Wer eine intelligente, integrierte und autmoatisch funktionierende Lösung haben will, ist auf Spezialanbieter angewiesen, die die erforderliche  Integrationsarbeit leisten. Das führt zu technisch perfekten Lösungen, die aber sehr teuer und proprietär sind. Es fehlen noch breit akzeptierte Kommunikationsstandards zwischen den großen QUELLEN (Netz, Auto, PVA) und SENKEN (Wärmepumpe, Auto, Klimaanlage,
große Einzelverbraucher) in einem Haushalt.

FAZIT (ETWAS PROVOKATIV): Alles untauglicher Quatsch und dafür viel zu teuer. Ein paar Stunden kann jeder Mensch auch ganz ohne Strom leben. Heizung und Gefrierschrank sind thermisch träge Systeme, die einen solchen Ausfall gut wegstecken. Das E-Auto hat immer noch eine Restladung im Akku.

3) Daseinsvorsorge für eine echte Krise

14 Tage ohne Strom – das wäre wirklich unangenehm, im Winter und auch im Sommer.Allein wegen des erforderlichen Energiebedarfs (30..100 kWh) ist das selbst für einen überdimensionierten – und zufälligerweise gerade voll geladenen – Batteriespeicher zu viel. Man will ja vielleicht auch mal eine Kochplatte oder die Mikrowelle nutzen in so einem Zeitraum. Und die Kühlgeräte sollen durchlaufen bzw. im Winter die Heizung, falls Öl und/oder Gas noch vorhanden sind. Wer mit einer Wärmepumpe heizt, oder Klimageräte für Heizung/Kühlung einsetzen will, hat noch einen erheblich höheren Strombedarf. Ganz zu schweigen davon, wie das E-Auto geladen werfen soll, wenn das öffentliche Stromnetz zusammenbrechen sollte. Selbst eine simple Brauchwasserwärmepumpe benötigt ca. 5 kWh pro Tag.

FAZIT: Alles weit jenseits der Möglichkeiten einer „notstromfähigen“ PVA.

Aber wie kann ich sonst für eine länger andauernde Krise vorsorgen?

Es gibt eine relativ preiswerte Lösung, wenn man für den Fall einer ernsten Krise vorsorgen will.

a) Man benötigt einen (fossilen) Energieträger mit hoher Energiedichte. Mit 20 oder 30 Liter kommt man schon ziemlich weit, wer sehr gut vorsorgen
will könnte auch über 100 Liter nachdenken. Das ist zu viel, um es in 5 Liter-Kanistern in der Garage aufzuheben. Ein abschließbarer Verschlag
im Garten wäre besser. Die Kanister )oder der Tank) müssen Temperaturwechsel  von -20 .. +60 Grad aushalten können. Vor diesem Hintergund ist Diesel
besser geeignet als Benzin.

b) Ein Notstromaggregat. 3.5 kW Ausgangsleistung ist für normale Ansprüche genug. Einphasig, 220V/50Hz. Sonderfälle: siehe unten.

c) Eine Leitung mit einem Wandstecker, die bis zu dem Ort verlegt wird, an dem das Aggregat betrieben werden soll, also vermutlich an der äußeren Rückwand einer Garage (Abgase!) o.ä. Das Aggregat selbst wird normalerweise in der Nähe der Brennstoffe im Innenraum unter Verschluss aufbewahrt, z.B in der Garage. Es ist ziemlich klein. Ein Testlauf des Aggregats alle 6 Monate kann nicht schaden.

d) Ein manueller zweipoliger Notstromumschalter im Sicherungskasten.

e) Und last not least: Man überlegt sich genau, an welchen Orten im Haus man im Fall einer Krise wirklich Strom benötigt. In meinem persönlichem Beispiel
sind das

  1. der Anschlussraum im Keller, denn dort stehen ein Kühlschrank, das NAS und die Fritzbox (Internet, Telefon).
  2. der Heizungsraum
  3. die Küche, aber nur ein einfacher Lichtstromkreis (nicht der E-Herd); zusätzlich beschafft man für wenig Geld eine einzelne Kochplatte (2000 Watt) und/oder einen Campingkocher mit Gasflasche.
  4. ein Stromkreis im Wohnzimmer für Unterhaltung und Home-Office
  5. optional das Schlafzimmer, es ist schon ganz nett, wenn man dort Licht hat und das Handy laden kann über Nacht.

f) Man führt die PRIMÄRSEITEN dieser Stromkreise zusammen und legt sie auf den Not-Umschalter. Im Normalfall hängen sie natürlich am Netz, alle auf derselben Phase, weil sie ja zusammengeführt sind. Eine signifikante Schieflast wird daraus normalerweise nicht resultieren, man kann aber vorsichtshalber noch ein oder zwei andere Stromkreise von dieser Phase auf eine der beiden anderen Phasen umlegen.

g) es gibt kleine LED-Leuchten, die über einen Bewegungsmelder auslösen und mit AA-Batterien betrieben werden. Man legt sich 5 solche Leuchten zu und bewahrt die Batterien aber getrennt davon auf. Die Batterien alle zwei Jahre erneuern. Da ohnehin immer wieder Batterien benötigt werden, kann man ein  kleines FIFO-Lager mit 20 oder 30 Batterien anlegen, das man immer wieder ergänzt. Tritt die Krise ein, bringt man die Lämpchen passend an.

Perfektionisten können schon mal Haftstreifen (Klettbänder) oberhalb der Türrahmen anbringen. Dann geht das Licht für ein paar Minuten automatisch an, wenn man einen Raum betritt. FAZIT: Der reine Materialwert dieser Lösung liegt unter 1000 Euro, wenn man preiswerte Komponenten verwendet. Dazu kommt die Montage im Sicherungskasten. Wenn man 2000€ für alles einplant, hat man eine Lösung, die wirklich zu jedem Zeitpunkt funktioniert. Wenn man dann noch eine Steckdose in der Garage oder außen am Haus für die Nachbarn bereitstellt, dann ist es die (nahezu) perfekte Lösung – für einen hoffentlich sehr unwahrscheinlichen Fall.

SONDERFÄLLE:

a) Wenn eine Klimaanlage oder Brauchwasserwärmepumpe stetig versorgt werden soll oder wenn man das E-Auto laden möchte, sollte das Aggregat eher 8 kW haben als 3500 Watt. Dann braucht man eine stärkere Absicherung oder sogar drei Phasen zur Einspeisung. Das wird teurer.

b) Was gerade noch ohne solch einen „Quantensprung“ machbar ist, wäre ein Steckerladegerät für das E-Auto. Es lädt mit ca. 2500 Watt, braucht also 7-8 Stunden für 100 km Reichweite. Wenn der Einspeisekreis mit 16A abgesichert ist, hat man noch Reserven für den Parallelbetrieb von Heizung, Licht, Elektronik und Kühlgeräten. Während die Kochplatte läuft, muss allerdings die Auto-Ladung unterbrochen werden – damit könnte man leben.

c) Richtig schwierig wäre es im Winter für Haushalte, die mit einer WP beheizt werden. Da können schon mal 30kWh pro Tag drauf gehen. Wenn man die über ein Notstromaggregat erzeigen will, braucht man eine professionelle Lösung (und viel Sprit). Das ist machbar, aber da wird der Geldbetrag vielleicht auch fünfstellig. Großmutters Ersatzlösung wären ein oder zwei elektrische Heizlüfter für die kleinsten Räume des Hauses. Ist fast umsonst zu haben und
wäre auch für alle anderen Konstellationen eine Notlösung, etwa, wenn man Sorge hat, dass auch die Gasversorgung gestört sein könnte.

FAZIT:Wer wirklich für eine echte Krise vorsorgen will, kann dies zu durchaus akzeptablen Kosten tun – aber das hat nichts mit einer PVA zu tun!

Die traurige Wahrheit ist, dass die PV-Anlage bei einer solchen Krise auch bei bestem Sonnenschein außer Betrieb sein wird, weil sie netzgeführt ist und dreiphasig einspeist. Das klappt nicht mit einem einphasigen Notstromaggregat. Wer jetzt sagt: Das ist aber schade. Vielleicht sollte ich doch über eine Hybridlösung nachdenken, bei der die PVA auch Notstrom-Inselbetrieb beherrscht, der möge bitte der Krise ausrichten, dass sie im Sommer stattzufinden hat und bei Regentagen aussetzen muss 😉

Schlussbemerkung

Wer sehr viel Geld in die Hand nehmen will, um unter günstigen Bedingungen einen mehrstündigen Stromausfall zu überbrücken; kann das natürlich gerne tun. Er hilft den Herstellern, Lösungen zu entwickeln, die mittelfristig in Ländern mit erheblich instabileren Netzen als in Zentraleuropa durchaus ihre Berechtigung haben werden, sofern man sie sich dort leisten kann.

von Gero Scholz

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